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Kirche St. Martin, Apfelbaumgärtli

LEBEN
UND ARBEITEN

Zur Missionierung der Lokalbevölkerung werden von den Jesuiten eigenständige Siedlungen angelegt, sogenannte Reduktionen, inspiriert von frühneuzeitlichen Vorstellungen einer idealen Stadt. Um den katholischen Glauben der indigenen Bevölkerung näherzubringen, erstellen die Jesuiten in den Reduktionen Kirchen nach europäischem Vorbild. Die Kirchen kombinieren indigene und europäische Stile. Sie stehen so für die kulturelle Hybridität der postkolonialen Gegenwart. Pater Martin Schmid ist als Fachmann am Bau von drei Kirchen beteiligt.

Lebensweg Pater Martin Schmid

Zwischen 1745 und 1755 errichtet Schmid in der unglaublich kurzen Bauzeit von nur je drei bis vier Jahren die drei bis heute erhaltenen Kirchen. Die Kirchen in San Rafael, San Javier und Concepción fassen bis zu 3’000 Personen. Sie werden mit Hilfe der Lokalbevölkerung mit Material vor Ort gebaut. Die Wände und die Holzkonstruktion sind üppig in barocker Weise bemalt, die geschnitzte Ausstattung ist oft vergoldet. Die grosszügige barocke Dekoration steht in Kontrast zur schlichten Konstruktion der Kirchen. Bis zu seiner Ausreise 1768 kümmert sich Schmid um die Kirchen.

Die Kultur der Chiquitos davor

Vor der Missionierung durch die Jesuiten sind die Chiquitos halbnomadische Jäger und Sammler. Sie leben in kleinen Gemeinschaften von der Landwirtschaft, dem Fischfang und der Jagd. Ihre Siedlungen sind oft temporär und werden regelmässig verlegt, um neue Ressourcen zu nutzen. Die Chiquitos sind mit der Natur eng verbunden. Sie pflegen ihre eigenen religiösen und spirituellen Überzeugungen, die auf der Verehrung von Naturgeistern und Ahnen basieren. Die Gemeinschaft ist stark hierarchisch organisiert.

Hybridität der Kulturen

Die Chiquitos lernen beim Bau der Kirchen nicht nur die europäische Architektur kennen, sondern auch die europäischen Künste der Malerei und Skulptur. Sie beginnen religiöse Gemälde und Skulpturen im europäischen Stil zu schaffen, die jedoch auch Elemente ihrer eigenen Kultur und Traditionen enthalten. Diese Kunstwerke sind heute noch in den Kirchen vorhanden und zeigen die Verschmelzung von europäischer und indigener Kunst.

UNESCO-Weltkulturerbe

Der Schweizer Architekt und Theologe Hans Roth entdeckt in den 1970er Jahren unter anderen die Kirchen von Schmid neu und restauriert sie mit Hilfe lokaler Arbeitskräfte. Die UNESCO ernennt 1990 ein Ensemble von sechs Jesuitenmissionen der Chiquitos im Departamento Santa Cruz im Osten Boliviens zum Weltkulturerbe. Die sechs Missionen befinden sich teilweise mehrere hundert Kilometer voneinander entfernt. Die Kirchen seien «bemerkenswerte Beispiele für die Anpassung der europäischen christlichen Sakralarchitektur an die örtlichen Gegebenheiten und Traditionen», begründet die UNESCO.

Wie sah für die Jesuiten eine Idealstadt aus?

Dr. Eckart Kühne: Architekturhistoriker

Dr. David Neuhold: Theologe

Christian Roth: Architekt und Sohn von Hans Roth

Francisco Paz Rocha Soriocó: Mitarbeiter der Fundación Hombres Nuevos in Bolivien

Martin Schmid

TONO VI

Pater Martin Schmid hat nicht nur für Orgel komponiert, sondern auch persönlich dafür gesorgt, dass in den Reduktionen Orgeln vorhanden waren. Auf seiner langen Reise nach Südamerika, hat er unter anderem auch eine Orgel gekauft und mitbringen lassen.

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