Poststrasse 2, gelber Platz hinter Restaurant Neumühle
HEUTIGES BOLIVIEN
Die Chiquitos bilden eine Gruppe im ethnisch und kulturell vielfältigen Bolivien. Sie wurden im ausgehenden 17. und im 18. Jahrhundert von den Jesuiten christianisiert.
Heute leben sie in hybrider katholischer Tradition und entdecken zugleich ihre indigenen Wurzeln neu.
Lebensweg Pater Martin Schmid
Die Haltung zu den Frauen der Chiquitos ist ein Beispiel dafür, wie distanziert die jesuitischen Missionare trotz Versuchen der Akkulturation der indigenen Gesellschaft und Kultur gegenüberstehen. Schmid hält sich von den Frauen bewusst fern. Er ist überzeugt, dass man ihnen keine Arbeit lehren soll. Sie können selbst spinnen, weben und Kleider herstellen. Trotz seiner ablehnenden Haltung erkennt Schmid so an, dass die Chiquitos Fähigkeiten und Strukturen besitzen, die sie nicht «von aussen» erlernen müssen.
Nach den Jesuitenreduktionen
Die Reduktionen, von Jesuiten errichtete Siedlungen, dienen dazu, die indigene Bevölkerung zu christianisieren. Im Gegensatz zu anderen Missionen in Südamerika bestehen die Reduktionen der Chiquitos nach der Verbannung der Jesuiten 1767 weiter. Weisse Siedler wandern im 19. Jahrhundert in dieses Gebiet ein, beuten die Arbeitskraft der indigenen Bevölkerung aus und verdrängen sie aus den Missionen. Einige Chiquitos können sich in Ranches und Farmen im Besitz von Mestizen, den Nachfahren eines indigenen und ausländischen Elternteils, eingliedern. Der Kautschukboom in ganz Südamerika bringt eine neue Industrie in die Region. Dort arbeiten wiederum Indigene, jedoch meist auf unfreiwilliger Basis.
Heutige Indigene in Bolivien
Bolivien ist heute ein Land von ethnischer und kultureller Vielfalt. Der katholische Glaube hat noch immer einen festen Platz im Leben von drei Vierteln der Bevölkerung. Indigene Gemeinschaften machen heute über 50 Prozent in Bolivien aus, darunter gehören rund 180’000 Menschen der Gruppe der Chiquitos an. Die indigenen Gemeinschaften erleben eine Renaissance: Sie entdecken ihre Wurzeln neu und stärken ihre kulturelle Identität. Ein symbolischer Meilenstein für den Schutz und die Wertschätzung ihrer Kulturen ist die Verfassungsänderung von 1994: Bolivien versteht sich von nun an offiziell als multikulturelle und pluriethnische Gesellschaft. Im Jahr 2009 schreibt zudem die neue Verfassung umfangreiche Rechte für die indigene Bevölkerung fest.
Chiquitos heute
Die Sprache der Chiquitos gilt heute als ernsthaft gefährdet, weil sie selten an die jüngere Generation weitergegeben wird. Obwohl der katholische Glaube stark verbreitet ist, verschmelzen ursprüngliche mit christlichen Glaubensformen. Eine wichtige religiöse Instanz bildet noch immer der Medizinmann, genannt Ceeserus oder Picharéro, dessen Ansehen durch die Missionierung keinen Abbruch erlitten hat. Viele Chiquitos glauben an Seelenpluralismus und die Wiedergeburt.
Wie wird an Pater Martin Schmid im heutigen Bolivien erinnert?
Francisco Paz Rocha Soriocó: Mitarbeiter der Fundación Hombres Nuevos in Bolivien
Dr. David Neuhold: Theologe
Christian Roth: Architekt und Sohn von Hans Roth
Franziska Schmid: Nachfahrin von Martin Schmid
Martin Schmid
AVE MARIA
Chorkomposition von Pater Martin Schmid zum Text des Ave Maria.